Für alle, die es interessiert, anbei der Bericht über unsere Projektreise in die Schule von Dioundiourou....ich bitte um Nachsicht- der Bericht ist ursprünglich für Nicht-Afrika-Kenner geschrieben...
LG Silke
PS: viele Fotos der Reise findet Ihr unter
www.schule-mali.de unter dem Punkt "Bilder"
Am 10. Februar ging es los…schon ab Frankfurt mit Verspätung wegen des schlechten Wetters. Zum Glück hatten wir vorgesorgt und einen sehr frühen Flug nach Paris genommen, damit wir keine Probleme mit dem Umsteigen bekommen. So hatten wir trotz der späteren Ankunft noch einiges an Zeit totzuschlagen, zumal auch in Paris dichtes Schneetreiben herrschte…Unser Flug nach Bamako hatte geschlagene 3 Stunden Verspätung, von denen wir zwei im Flieger und ohne irgendwelche Verpflegung verbringen mussten L Kein allzu guter Anfang. Kurz vor Mitternacht näherten wir uns endlich Bamako. Schon im Anflug wurde eine Außentemperatur von 30 Grad angezeigt! Die Landung sieht immer sehr abenteuerlich aus- es ist alles stockfinster und auch die Landebahn ist nur schwach beleuchtet.
Wir müssen lange auf unseren Berg Gepäck warten- hier wird alles nach der Ankunft nochmals durchleuchtet. Das führte natürlich dazu, dass alle Koffer mit Geschenken für die Kinder mal wieder beim Zoll landeten. Langwieriges Palaver und die ersten 3 Kugelschreiber verhalfen uns dann schließlich zu dem wichtigen Stempel auf den Papieren.
Da wir einen Tag früher als ursprünglich geplant abgeflogen waren, hatten wir einen Tag extra in Bamako zur Verfügung und konnten so in aller Ruhe die wichtigsten Dinge bei der GTZ erledigen und den Proviant für die lange Fahrt einkaufen. Dazu kam auch, dass man sich so doch leichter an den riesigen Temperaturunterschied gewöhnen konnte.
Am Freitag ging es dann auf die erste Etappe nach Ségou. Den Fehler, die ganze Strecke an einem Tag hinter uns zu bringen, machen wir kein zweites Mal….Die Fahrt ist immer schon ein Erlebnis für sich, denn mit europäischen Verhältnissen lässt sich hier nichts vergleichen. Schon die Hauptstadt Bamako hat zwar rund 2 Millionen Einwohner, ist aber eigentlich ein großes afrikanisches Dorf. Es gibt nur wenige große Gebäude und asphaltierte Straßen und das Leben spielt sich meist zur Hälfte auch auf den Straßen ab. Die Luft ist schlecht, der Verkehr immens- seit letztem Jahr hat sich das Verkehrsaufkommen schlicht verdoppelt und staut sich vor allem auf den beiden einzigen Brücken über den Niger, die die beiden Stadthälften verbinden. Man ist recht froh, aus der Stadt herauszukommen, vor allem wegen der Luft. In Segou übernachten wir im Hotel eines Saarländers, der schon seit fast 30 Jahren in Mali wohnt und sich sehr über unser Mitbringsel freut: ein Ring Lyoner und eine Flasche Maggi…
Samstag nehmen wir dann die lange Etappe nach Bandiagara in Angriff. Hier wird die Landschaft karger und geht immer mehr in Halbwüste und Savanne über. Manchmal recht eintönig. Da ist es gut, dass wir mit Idrissa, unserem Fahrer und Tapily immer etwas zum Diskutieren haben. Es erstaunt mich immer wieder, wie interessiert und auch wie informiert die Menschen hier sind, was viele Dinge und das Weltgeschehen angeht- auch im Vergleich zu vielen Menschen in Deutschland! Wir lernen auch viel über den Vielvölkerstaat Mali, die einzelnen Volksstämme, ihre Sprachen und Traditionen. Entsetzt hat uns die Tatsache, dass sich auch heute noch die Tuaregs Sklavenfamilien halten und es immer wieder vorkommt, dass im Norden Malis Kinder aus den Dörfern gestohlen werden!
Nach langer Fahrt kommen wir endlich in Bandiagara an und beziehen unsere schon gewohnte Unterkunft in einem kleinen Hotel. Die Begrüßung des Personals ist herzlich- vor allem Jeremias hat hier schon seit unserem ersten Aufenthalt seinen Fanclub.
Für die nächsten Tage haben wir jetzt volles Programm. Zuerst sollen wir uns nur mit den Dorfältesten, den Lehrern und dem Schulkomitee treffen. Tapily hat extra gesagt, dass in diesem Jahr kein großer Empfang stattfinden soll. So fahren wir recht gelassen los und sagen erst einmal in Djombolo Kanda bei Amadou hallo, der ja auch unseren Brunnen gebaut hat und viel für unser Projekt in den Gemeinderäten tut. Anschließend geht es auf die „Buckelpiste“ nach Dioundioulou. Schon von weitem sehen wir viele Menschen. Von wegen kein Empfang! Alle Schulkinder stehen Spalier, winken mit selbstgebastelten malischen und deutschen Fähnchen und singen ein Lied. Die Dorfbevölkerung ist da, Trommeln, Maskentanz- ein riesiges Tohuwabohu erwartet uns. Die Begrüßung ist überschwänglich und herzlich- einfach überwältigend! Teilweise haben wir Trauben von Kindern um uns herum und jeder versucht, sich irgendwo an einem festzuhalten- von den Fingern bis zur Schulter…
Zuerst wollen wir uns natürlich die Baustelle für unser neues Schulgebäude ansehen. Auch am Sonntag wird hier fleißig gearbeitet. Ein großer Berg Steine- von der Dorfbevölkerung vorbereitet, wird durch die Maurer in die richtige Form gebracht- in riesiger Hitze, mit einfachsten Werkzeugen, sitzen die Männer in der Sonne und schlagen die Steine zurecht. Die zukünftige Form des Gebäudes lässt sich schon gut erkennen- wir sind erstaunt, wie schnell das ging. Die Bauarbeiten sollen auf jeden Fall bis zur nächsten Einschulung im Oktober abgeschlossen sein.
Gleich nebenan wurde ein Becken für „Bauwasser“ errichtet. Der Brunnen dient momentan nur der Schule und für’s Zementmischen- die Dorfbevölkerung muss sich anderweitig versorgen, damit immer genug Wasser für den Bau da ist. Der Brunnen wird übrigens sehr gut angenommen, denn sein Wasser ist sehr viel klarer und sauberer als das der anderen !
Anschließend ist großes Palaver in einem der Klassensäle. Jeder darf sagen, wo ihn der Schuh drückt. Einer der Lehrer übersetzt simultan. Die Menschen sind glücklich über unsere Hilfe. Die Bevölkerung versucht, ihren Teil zu leisten, muss aber auch an die Bearbeitung ihrer Felder denken. Wir weisen nochmals mit Nachdruck darauf hin, dass die Männer beim Beschaffen der Steine helfen müssen- es soll sich eben entsprechend abgewechselt werden. Etwas Ärger gibt es um den neuen Direktor, der uns von der Schulbehörde gestellt wurde. Er verfügt zwar über viel Erfahrung und konnte schon einiges im Schulalltag verbessern, ist aber oft krank und hat ein gewisses Kompetenzproblem: er betrachtet sich als Entscheidungsträger, vergisst dabei aber, dass in unserer Schule (anders als in einer staatlichen) das Schulkomitee das Sagen hat. Nach einigen Diskussionen lässt sich aber auch dieses Missverständnis lösen.
Am nächsten Tag steht der Besuch während der Schulzeit an. Meist der härteste Tag, denn man muss überall vorbeischauen, mit den Lehrern sprechen, die Bilder der Patenkinder machen und dokumentieren, die Bilder der Paten überreichen (einige Kinder waren sehr traurig, dass sie kein Bild bekommen haben!!). Dazu kam dieses Mal noch das Verteilen der extra angefertigten Schul-T-Shirts. Es war gar nicht so einfach, die Shirts nach Größen zu verteilen. Die Kinder waren so begeistert, dass sie sich teilweise die eigenen Hemden gleich ausgezogen haben und sich halb nackt vor uns aufgereiht haben. Ralf war hinterher ganz KO und meinte, er habe noch nie so viele Kinder anziehen müssen J Aufwändig war auch das Auspacken, denn alle T-Shirts waren einzeln in Plastik verpackt, danach noch mal zehnerweise in Tüten und am Schluss noch im großen Sack. Bei den riesigen Problemen, die Afrika wegen des Plastikmülls hat, wollten wir keinen noch so kleinen Fitzel davon im Dorf zurücklassen, was anfangs für Belustigung gesorgt hat, später jedoch die Kinder zur Mithilfe angespornt hat! Es ist immer wieder bedrückend, wenn man – vor allem um die größeren Städte herum- die Berge von schwarzen Tüten auf den Feldern und in den Sträuchern sieht und die Tiere, die sie teilweise fressen….Zum Glück gibt es bereits einen Gesetzentwurf, der diese Tüten verbieten soll.
Die Hitze hat ihr übriges dazu beigetragen- an diesem Abend waren wir wirklich schlapp!
Zu unserem Programm gehörte auch der Besuch auf der Schulbehörde- natürlich eine zeitraubende Angelegenheit und mit langen Wartezeiten verbunden. Wir schaffen es dennoch, bis zum Direktor und seinem Berater vorzudringen und unser Anliegen vorzutragen. Die Männer betonen immer wieder, wie sehr sie die Unterstützung schätzen und dass sie sich bemühen, die von Partnern unterstützten Schulen auch selbst mitzufördern. So werden wir auf jeden Fall im Herbst den benötigten 6. Lehrer seitens des Staates bekommen und eventuell auch eine Unterstützung für die Kantine. Auch das Problem mit dem Direktor wurde angesprochen und wird hoffentlich bald gelöst werden. Hier also wirklich ein Erfolg!
In Segou haben wir Vertreter eines deutschen Vereins getroffen, die mit Unterstützung eines deutschen Augen-Spezialisten am Tag ca. 45 Operationen durchgeführt haben. Leider wurden sie von den lokalen Autoritäten nur schlecht unterstützt. Wir wollen herausfinden, wie so etwas hier im Dogonland angenommen würde und machen einen Termin beim Chefarzt der hiesigen „Klinik“. Schon im Dorf hat sich ergeben, dass der Bedarf bei der Bevölkerung vorhanden wäre. Das Gespräch ist schwierig, aber generell wäre so etwas durchführbar. Wir werden darüber nachdenken, ob wir uns mit dieser Problematik auseinandersetzen wollen oder nicht. Einstweilen hatten wir wieder jede Menge Brillen im Gepäck, die dankbar angenommen werden. Ausnahmsweise hatten wir auch ein wenig Kinderkleidung dabei – praktischerweise um die gespendete Kreide eines deutschen Sponsors im Koffer gut zu polstern. Generell möchten wir keine Kleidung mehr mitnehmen, denn vor Ort kann man mit relativ geringen Mitteln Kleidung kaufen und unterstützt damit ja auch nachhaltig das lokale Gewerbe in Mali. Es ist immer wieder schlimm, wenn man auf den Märkten den Inhalt unserer Altkleidercontainer sieht, für die die Händler in Afrika zahlen müssen (!) und die billiger sind als lokale Ware. Dabei bleiben die malischen Schneider natürlich auf der Strecke und es gehen Arbeitsplätze verloren.
Das sind die Dinge, die man natürlich erst nach und nach dazulernt. Deshalb haben wir ja unsere Schul-T-Shirts auch in Mali gekauft und bedrucken lassen. Auch wenn die Qualität sicherlich nicht mit der deutschen vergleichbar ist, kann man so doch der lokalen Industrie helfen!
Alles in allem konnten wir viele Dinge regeln und sind sehr zufrieden mit dem Fortgang des Projektes: der Brunnen funktioniert, das Schulgebäude wächst, der Unterricht wird immer besser und die Schülerzahl erhöht sich von Jahr zu Jahr.
Im nächsten Schuljahr wird für 2 Wochen ein Pädagoge der Schulbehörde unsere Schule begleiten und den Lehrern dabei helfen, ihren Unterricht zu verbessern. Auch das ist eine gute Sache.
Die im letzten Jahr angepflanzten Bäumchen werden von den Schülern mit Brunnenwasser versorgt und wenn das neue Gebäude steht, soll auch die Anlage des Schulgartens in Angriff genommen werden.
Die Tage in der Schule und den Dörfern haben wieder tiefe Eindrücke hinterlassen. Die Frauen von Djombolo Kanda haben zum Abschluß ein Fest veranstaltet mit Tanz und Trommeln und landestypischer Begrüßung…ich werde mich nur schwer daran gewöhnen, dass sie sich laut schreiend vor uns in den Sand werfen J
Auf der Rückreise nach Bamako haben wir uns auch noch viel angesehen: heilige Kaimane, die mitten im Dorf wohnen und eine wahnsinnig tolle Landschaft in Borko, nördlich von Mopti. Hier gibt es bizarre Feldformationen mit Auswaschungen und Höhlen, von denen wir einfach nur begeistert waren. Wer sich die Bilder ansieht, wird vielleicht annähernd nachvollziehen können, was ich meine…
Unsere Fahrt führte uns dann noch nach Sikasso und die dort gelegenen Wasserfälle an der Grenze zu Burkina Faso und weiter nach Bougouni. Auf diesem Teilstück war die Reise besonders für unseren Fahrer nicht gerade gemütlich: der Straßenbelag ist nur noch bruchstückhaft vorhanden und es gibt riesige Schlaglöcher. Wenn einem dann die riesigen und schlecht beladenen LKW’s auf der eigenen Seite entgegenkommen, kann man schon das Grausen bekommen- abgesehen davon, dass man die Straße ohnehin noch mit Ziegen, Hunden, Eseln, usw. teilen muss…
Unterwegs haben wir uns eine „Baumwoll-Entkernungsfabrik“ angesehen. Ich muss zugeben, dass es mir bis dato vollkommen unbekannt war, dass aus Baumwolle Speiseöl gewonnen wird….in der Baumwolle sitzt ein Kern, der auch nur schwer zu entfernen ist. In dieser Fabrik wird der Kern entfernt und die Baumwolle zur Weiterverarbeitung vorbereitet. In der Ölmühle, die wir uns dann natürlich auch noch angeschaut haben, werden riesige Berge von Baumwolkernen kalt gepresst und filtriert. Man lernt immer etwas dazu! Zum Beispiel auch, dass Cashew-Nüsse an Bäumen wachsen und an einem Cashew-Apfel hängen…oder dass unter der Nussschale eine ätzende Flüssigkeit ist, mit denen die Menschen sich Schmucknarben ins Gesicht „malen“….
Zum Abschluss gab es dann auch noch die Besichtigung einer Fabrik für „Beurre de Karité“ (Sheabutter). Ist ja bei uns in der Kosmetik mittlerweile auch ein Begriff. Hier wird aber 100prozentige Butter hergestellt, die besonders für trockene Haut oder bei Neurodermitis geeignet ist. In der Anlage wurden die Nüsse sortiert, gewaschen, zerkleinert, gekocht und die Butter anschließend mehrfach gewaschen und filtriert. Sehr interessante Sache. Natürlich haben wir auch Butter mitgenommen- wer interessiert ist, bitte melden J Übrigens: kochen und braten kann man damit auch- auch eine neue Erkenntnis ….
Alles in allem war das also auch eine sehr lehrreiche Fahrt. Am letzten Tag haben wir uns noch die Mandingue-Berge bei Bamako angeschaut und eine anstrengende Wanderung unternommen, bevor wir versucht haben, abends etwas Schlaf „vorzuholen“, denn der Abflug von Bamako ist für 03:30 nachts vorgesehen Der Flug war unruhig, die Landung in Casablanca im stürmischen Regen. Das Umsteigen eine einzige Rennerei, aber wir haben es geschafft, auch wenn Jeremias den ersten Kreislaufkollaps seines Lebens überstehen musste L Am Schluß dann doch noch eine Stunde Abflugs-Verspätung wegen Schneeschauern in Frankfurt…
Und zu allerletzt dann noch 2 Stunden Schlangestehen in Frankfurt, weil das gesamte Gepäck in Casablanca geblieben ist. Immerhin: nach 4 Tagen ist jetzt alles heil bei uns angekommen und man kann die Reise als erfolgreich abgeschlossen betrachten.
Zu alledem, was ich Euch/Ihnen jetzt erzählt habe, gibt es natürlich auch Bilder: wie immer unter
www.schule-mali.de unter „Bilder“
Freuen würden wir uns, wenn Ihr/Sie alle wieder schön Reklame für’s Projekt machen würdet, denn es gilt weiterhin: jeder Euro zählt! 2 Euro pro Kind und Monat werden benötigt, um es in die Schule zu schicken und mit einem Mittagessen zu versorgen und kein Betrag ist zu gering, um diesen Menschen helfen zu können.
Danke für’s Lesen und bis bald
Liebe Grüße
Silke, Ralf und Jeremias